Coaching und Beratung sind stark schillernde Begriffe. Trainer im Fußball und anderen Sportarten, Tutoren in der wissenschaftlichen Ausbildung, schließlich Führungskräfte und Projektleiter werden als Coaches bezeichnet. Und sie verstehen sich auch als solche. Berater gibt es ebenso für fast jede Disziplin. Coaching und Beratung sind aber keineswegs das gleiche! Beides mag in der Praxis überlappen, hier soll jedoch der Unterschied heraus gearbeitet werden.
Coaching und Beratung: Zwei Seiten einer Medaille
Ein klares Verständnis von Business Coaching ...
Business Coaching für Führungskräfte und Beratung sind nicht das gleiche, sie unterscheiden sich vielleicht nicht in der Form, aber in ihrer Logik! Beim Coaching geht es vor allem darum, durch Fragen geleitete Entwicklung von Lösungen und die selbst gesteuerte weitere Entwicklung eines Klienten (“Coachee”). Dabei können Ziele etwa die Bewältigung einzelner komplexer Aufgaben, die berufliche Entwicklung (Karriere Coaching) oder die Entfaltung eigener Kompetenzen sein. Dagegen gibt professionelle Beratung (Strategieberatung, Prozessberatung, Karriereberatung, im Change Management) Theorien, Vorschläge zu Maßnahmen, Tips oder weitere Hinweise. Dies auch durch Einsatz wissenschaftlicher Methoden.
... und Empathie im Karrierecoaching
Karrierecoaching beginnt mit einem Vorgehen bei der Bewerbung, zweitens mit der Planung interner sidesteps und Aufstiege, gezieltem Firmenwechsel – und neuerlicher Bewerbung – oder der Bewertung plötzlicher externer Angebote, und zuletzt dem Ausstieg aus dem Berufsleben. Wirklich kritisch sind aber andere Momente: empfundene Plateaus der Karriere, Wechsel des Chefs oder der Chefin, die sich nicht gut entwickeln, neue Kollegen, die sich als konkurrierend oder einfach unsympathisch herausstellen; oder die oder der Auszubildende kommt nach kurzem Auslandseinsatz als neue Führungskraft zurück.
Zuhören!
Man kann all das wegstecken oder für unbedeutend erklären – aber es wurmt doch! Karrierecoaching hat – nach meinem Verständnis – auch die Aufgabe, trauern zu ermöglichen. Oder dem Ärger ein Ventil zu öffnen. Für den Abbau von Frust … Zuhören ist hier die zentrale Coachingkompetenz! Aber auch Verständnis ausdrücken, was mehr ist als der lapidare Satz “Das kann ich gut verstehen”! Erst danach leite ich zur Reflexion des Status quo und schließlich zum Ausblick auf die Zukunft über.
Coaching als Prozess
Coaching als Prozess: In einer (nicht allzu langen) Abfolge persönlicher Gespräche á neunzig bis 120 Minuten werden die vom Coachee gewünschten Themen (Business Coaching für Führungskräfte, Karrierecoaching) bearbeitet. Dabei stellen Fragen durch den Coach die zentrale Methode dar. Das ist der Kern von Coachingkompetenz. Klar gilt “Wer fragt, der führt” auch hier – dieses Fragen geschieht aber gerade nicht in leitender Absicht. Vielmehr werden die Antworten des Klienten aufgegriffen und durch Anschlussfragen weiter verfolgt; hierbei hat sich das Systemische Fragen zu einer eigenen Methodik entwickelt.
Prinzipiell kann das Coaching Gespräch in alle möglichen Richtungen mäandern. Aber das Modell GROW stellt doch eine gewisse Abfolge dar: Goal – Roadblocks – Opportunities – Will. Also Ziel/Goal – Realitätscheck – Möglichkeiten – Wille zur Umsetzung.
Struktur des Coaching Dialogs
Goal benennt erstens das Thema, ausgedrückt als Ziel. Meistens wird hierfür die Bezeichnung Kontrakt verwendet. Je deutlicher es mir gelingt, es einleitend heraus zu arbeiten, umso kreativer und auch kürzer wird das Gespräch. Aber Vorsicht: mitunter kann der Klient, die Klientin gerade nicht seine oder ihre zentrale Frage ausdrücken, und sie wird erst im Verlauf deutlich. Dann ändert sich das Ziel, und dann muss ich aus einer späteren Phase an diese Stelle zurück springen.
Zweitens ist zunächst die Realität des Coachee zu erarbeiten. Sogar das Gewinnen von Einsicht (Kurt Lewin) ist hier möglich. Roadblocks ist hier jedoch der genauere Ausdruck: Was steht der Verwirklichung des Ziels im Wege? Beispielsweise frage ich: Warum machst Du das nicht einfach? Demgegenüber kommt es mir auf das Verstehen vergangener Ursachen weniger an!
Fragen als Kern der Coachingkompetenz
Methodische Grundlage des Business Coaching wie auch des Karrierecoaching, bleibt natürlich das Fragen – klare W-Fagen, Was, Wie, Womit, Wozu. Und immer nur eine Frage auf einmal. Interviewer und Moderatoren im TV sind hier keine Vorbilder! Hinzu kommt der breite Kanon des Systemischen Fragens – siehe den Kasten rechts:
- Offene Fragen zielen zunächst auf ein Gewinnen von Umfang von Information: “Wer, wo, was, wie, womit, wozu…?”
- Skalierungsfragen ermitteln die Bedeutung einer Fragestellung: “Auf einer Skala von eins bis fünf, wie wichtig…”
- Hypothetische Fragen prüfen einerseits Möglichkeiten: “Könnte es sein, dass…?”
- Ressourcen-orientierte Fragen lenken andererseits den Blick auf Erfahrungen, Erfolge, Können: “Wodurch haben Sie schon einmal … geschafft?”
- “Engelsfragen” helfen stattdessen, Ziele und Wünsche zu entwickeln: “Wenn eine Fee käme…?”
- “Teufelsfragen” richten währenddessen den Blick auf falsche und im Umkehrschluss auf richtige Schritte. “Was könnten Sie tun, um die Situation weiter zu verschlechtern?” – Die tollste Antwort, die ich je auf diese Frage bekam, war “So weiter machen.”
- “Zirkuläre” Fragen öffnen den Blick für Andere Beteiligte: “Was würde … sagen?”
Nicht nur Fragen ...
Als Coach kann es aber angebracht sein, Verständnis auszudrücken, denn das verschafft dem Coachee eine Verschnaufpause. Ich wiederhole gern das com Coachee Gesagte oder sage manchmal sogar „Das kenne ich auch.“
Jetzt ist der Punkt für kreative Ideen erreicht! Schließlich sucht der Auftraggeber nach Lösungsansätzen für seine Fragestellung, fast wie bei einem Brainstorming. Besonders wichtig ist mir, dass der Coachee selbst Vorschläge entwickelt. Und nicht ich als Trainer. Das erleichtert ihr oder ihm die Umsetzung.
Abschließend fasse ich gerne zusammen bzw. zeige die Bandbreite an Lösungen, die auf dem Tisch liegen.
Erst wenn genügend Lösungsansätze entwickelt sind, gehe ich in die vierte Phase über. Dazu führe ich den Willen des Gegenübers zur Umsetzung. Was mir wichtig ist, sind konkrete Pläne zu Taten. Und nicht etwa nur neue Einstellungen, „gute Absichten“ oder allgemeines Verhalten. Oder die Handlungen anderer …
Wichtige Aspekte zu Business Coaching und Beratung
Die ``Life Line``
Ich setze hierzu gern die Life-Line ein. Einerseits schon im Training zu beruflichen Umbruchsituationen “Auf zu neuen Ufern!”, wo zumindest Kleingruppen als weitere Frager und Ratgeber zur Verfügung stehen, und eben auch in Coaching-Sitzungen. Dazu lasse ich den Klienten (“Coachee”) eine gerade Line entlang laufen, die sein bisheriges (Berufs-)Leben darstellt. (Im eCoaching ist das genauso gut möglich: der Klient läuft in seinem Home Office oder Wohnzimmer genau so gut – er oder sie muss nur aufpassen, dass sie oder er nicht aus dem Zoom-Winkel heraus spaziert.) Ich stelle so oft wie möglich Fragen zu den getroffenen Entscheidungen, um dem Coachee (mehr als mir!) Muster deutlich zu machen. Diese können Stärken zeigen oder ein Nachdenken über Alternativen einleiten.
Besondere Methoden im Karrierecoaching
Hinzu kommen besondere Übungen und Verfahren, gerade auch im Karrierecoaching in München, um bestimmte Themen weiter und tiefer zu reflektieren, quasi als Nachweis erweiterter Methoden- und Coachingkompetenz. Etwa das Aufstellen der Struktur von Beziehungen, “Life-Line” zur Bearbeitung von Fragen zur Karriere, der MBTI zur Klärung eigener Präferenzen, ein Instrument zur Reflexion der Work-Life-Balance…
Typische Themen des Coaching sind:
- zuvörderst die Gestaltung persönlicher Beziehungen, auch zu Mitarbeitern, Vorgesetzten, Kunden…
- des weiteren die Planung und Entscheidung nächster Schritte in der Karriere,
- ferner das Einüben neuen Verhaltens und Erwerb neuen Wissens sowie Wege des Lernens,
- und schließlich die Reflexion der eigenen Persönlichkeit und eigener Überzeugungen.
Persönlichkeitsfragebögen
Hier setze ich zwei verschiedene Verfahren zu unterschiedlichen Zwecken ein: den MBTI und den 16pf. Sie rühren aus völlig anderen Theorien her (der 16pf quasi aus gar keiner) und sind mit verschiedenen Methoden entstanden, und führen doch zu ähnlichen Einsichten. Der MBTI führt erst durch Beteiligung des Coachee zum Ergebnis (was von Nichtkennern und Kritikern völlig mißverstanden wird) und fordert einen sehr zurückhaltenden Coach. Er führt aber letzten Endes zu vier Dichotomien mit je zwei Ausprägungen, was anhand dieser Einschätzungen zu 16 Typen führt.
Indes liefert der 16pf ein objektives, also vom Tester oder Coach unabhängiges Ergebnis.
Coaching und Beratung: Coaching berät eben nicht!
Unterdessen ist der prinzipielle und methodische Kern des Coaching die große Zurückhaltung des Coaches. Er oder sie berät, erklärt, unterstützt, greift ein, hilft, trainiert eben nicht! Vielmehr steht die (Selbst-) Reflexion, das Verstehen, das Entwickeln praktischen Handelns und von Alternativen auf der Basis ihrer oder seiner Kompetenzen durch die oder den Klient im Vordergrund. Worin besteht dann der Nutzen, wenn all dies ihm oder ihr überlassen bleibt? Das Psychodrama beispielsweise kennt hier eine schnoddrig formulierte Erklärung: die “situative Verblödung, wenn es um einen selbst geht”! Und darum, diese zu überwinden, geht es hier!
Experten beraten
Andererseits haben Führungskräfte, Spezialisten, interne und externe Berater und -innen mitunter einen Vorsprung an Wissen oder Erfahrungen. Dann kann es ihre Aufgabe sein, dieses durch Fragen aus ihren Kollegen und Klienten “heraus zu holen”. Und dies kann im Ablauf der gleichen Struktur folgen wie ein Karrierecoaching oder Business Coaching Gespräch. Jedoch wird eine Beratung ein eigenes Ziel und eigene Inhalte verfolgen. Wenn der Klient selbst auf die Lösung kommt, ist die Chance auf Umsetzung viel höher. Das kann aber auch manipulativ wirken: Man spürt die Absicht und ist verstimmt.
Coaching und Beratung: Experten sind direktiver
Mitunter braucht es mehr: ein Lehrgespräch, womöglich einen Vortrag, eine formale Unterweisung (nach der 4 Stufen Methode) oder gar Unterricht. Je größer vom Niveau des Klienten der Vorsprung, umso eher wird der Berater diesen teilen wollen oder müssen.
- Bestimmen der Unternehmens- oder funktionalen Strategie,
- die weitere Entwicklung des eigenen Geschäfts,
- Verschlankung der Organisation (Aufbau- und Ablauforganisation, Prozesse…),
- Einführung neuer, agiler Methoden
- Ausblick auf die Karriere (Universitäten, offene Stellen…)
- konkrete Fragen und Vorhaben, auch zur Vorbereitung von Entscheidungen.
Themen können sowohl zu Coaching “passen”, als auch zur Beratung. Also ist zuvor als Einstieg diese Klärung extrem wichtig. Umgekehrt kann im Verlauf des Dialogs eine Verlagerung des Schwerpunkts nötig werden. Aber es ist Aufgabe des Gesprächsführers, dies für beide kenntlich zu machen. Sonst wird leicht aus Beratung leicht ein Ratschlag…
Coaching und Beratung virtuell
Coaching und Beratung mussten lange unter COVID-19 und so im Home Office stattfinden. Ich habe jedoch im Karrierecoaching und Business Coaching für Führungskräfte via Zoom erfahren, dass das weniger schlimm ist als zuvor gedacht. Und – ich bin zertifizierter eCoach! Unter dem Link führe ich dazu noch weiteres aus. In den Modulen ging es nicht nur um das neue Setting, sondern auch um den Aufbau von Beziehung und Vertrauen sowie um virtuelles Zeigen von Methoden und Szenen.
In der Beratung sieht es aber anders aus: vor Ort beobachten, Kennzahlen erheben, die ganze Szene verstehen – das ist aus dem Home Office schwerlich möglich! Jedoch die Zahlen auswerten, Schlüsse ziehen, eine Idee entwickeln, die Idee in eine Präsentation gießen: das ging auch aus dem Home Office. Mit Kollegen gemeinsam denken und reden und so Einsicht und Lösungen finden – das ging auch! Ein Dilemma: wenn gilt, dass Firmen, insbesondere Werke, die extrem gut geführt sind, das Thema COVID gut meistern, stimmt auch der Umkehrschluss! Und was gibt es in extrem gut geführten Firmen groß zu beraten?