Dass nichts so stetig sei wie ständige Veränderung, ist trivial. Externe widrige Umstände (siehe das CYNEFIN Modell) treffen auf intern gewünschte – und das immer schneller. Interne Führungskräfte und Spezialisten treiben das Change Management selbst voran. Ich stelle gern meine Erfahrungen und Wissen als Berater zur Verfügung. Meine Aufgabe in Change Vohaben war und ist also oft das Methodische (Training) und die “psychologische” Begleitung (Coaching und Beratung).
Change Management: ein planbarer Prozess?
Prozessbegleitung durch uns - für Ihre Ziele
Ihre Aktionen
Unser Beitrag
Unfreezing
Benennen der anstehenden Changes – Raus aus der Komfort Zone! Townhall Meeting …
Strategie Workshop mit der Leitung, Moderation des Townhall Meetings und von Team Kick Offs …
Vision und Aktion
Ziel als packendes Schlagwort; Workshops und Team Building, Training, Reviews, …
Methoden Trainings für Leaders und Mitarbeiter, Workshops und Team Building, Reviews, …
Refreezing
Messen (und Feiern) von Erfolgen, die folgenden Schritte sichern, neue heraus fordernde Themen angehen
Messen und Aufbereiten der Ergebnisse in Bezug zu den Zielen, Moderation Lessons Learned
Zur Absicht und zur großen Linie der Veränderung habe ich durchaus einen Beitrag zu leisten. Letztlich nehme ich sie jedoch als Input für das praktische Vorgehen mit den beteiligten Menschen: making it happen!
Im Grunde ist das Konzept von John Kotter (siehe den folgenden Absatz) absolut nahe liegend. Und die Headlines seiner Stufen lassen sich sehr einfach in bekannte Begriffe und Methoden übersetzen. Es kommt aber darauf an, diese mit Leben zu erfüllen – wenn sie ernst genommen werden, kein Problem! Woraus folgt, dass wer meint, es hier bei window dressing / Fensterreden belassen zu können, große Probleme ernten wird. Nicht nur er oder sie wird nicht ernst genommen, vielmehr wird der ganze Ansatz “verbrannt”!
Kotter postuliert 8 Stufen von Change Management Prozessen
Kotter’s Change Management Modell ist mittlerweile sehr bekannt. Es stellt ein Soll-Konzept für geplante Veränderungen dar. Er betont aber, dass Anstöße zu Veränderungen durchaus “von unten” oder aus dem Mittleren Management kommen können. Das Konzept macht auch deutlich, dass Transformationen mit auf einander prallenden Meinungen und in Konflikten verlaufen. Und dass verschiedene Menschen dabei sehr unterschiedliche Rollen wahrnehmen können.
1 bis 2: Unfreezing
- “Establish a sense of Urgency” – eigentlich easy: Konkurrenz, Preis- und damit Kostendruck, abrutschende Kundenzufriedenheit… Und doch: womöglich sind unlängst ein paar Säue zu viel durch’s Dorf getrieben worden, oder aber die Erfolge der Vergangenheit versperren den Blick auf die Realität. Aber der sense of urgency muss ja nicht gleich Jede/n erfassen:
- “Form a powerful guiding coalition” – es hilft schon sehr, wenn im Top Management starke Unterstützer einer Change-Initiative Vorgaben machen und eine schützende Hand über sie halten. Umgekehrt ist es der Tod des Vorhabens, wenn nicht wenigstens eine Minderheit dort dies tut.
3 bis 4: Vision als Zielrichtung
- “Create a Vision” – sie muss positiv sein, aber kein bloßes Erfolgskriterium (“Die Nr. 1 …”). Sie muss vielmehr eigenes Handeln provozieren und leiten. Dabei ist es wichtig und sinnvoll, die ehrgeizigen und komplexen Vorhaben (“fully automated, digital processing from order intake to delivery”) zu einem Schlagwort oder Key Word zusammen zu fassen (“Digitalisierung”). Es muss immer neu mit Inhalt gefüllt werden, aber es wird zum Selbstläufer!
- “Communicate the Vision” – townhall meeting, Strategie Workshops, Methodentraining für die Pilotanwender. Der größte Fehler der Ansprachen ist hier der Satz: “Für Sie ändert sich erstmal gar nichts” – allzu oft gehört. Alle sind nun aus ihrer Komfortzone heraus geschreckt – warum sie dorthin zurück sacken lassen? Und Pilotteam und das erste reale Projekt müssen nun rasch installiert werden – so entsteht Kommunikation ganz automatisch.
5 - 6 Moving im Change Management
- “Empower others to act on the vision” – Pilotanwender identifizieren, trainieren, intensiv begleiten, sofortiges Finetuning am Konzept auf erste Erfahrungen hin. Das ist nicht unbedingt einfach, aber nahe liegend und völlig logisch. Schwieriger wird die weitere Ausweitung: benachbarte Teams mögen weniger aufgeschlossen sein, noch so geringe Fehlschläge ziehen als Gerüchte ihre Kreise, automatisch wächst die Zahl der Bedenkenträger. Tatsächliche oder vermeintliche Verlierer haben nun ihren Auftritt – allzu oft wird vergessen, was mit ihnen zu tun sei.
- “Create short-term wins” im Change Management Prozess, in anderen Konzepten “harvest low-hanging fruits” – möglichst eng zu verknüpfen mit dem vorigen Punkt. Hier kommt es darauf an, rasch zur Umsetzung voran zu schreiten mit Hilfe aller Spezialisten und Support-Teams: Ergonomen, IT-Abteilung, Logistik, …). Dies auch dann, wenn die Ideen etwas quer zu den Vorstellungen der Leitung liegen, und auch, wenn (überschaubare) Kosten anfallen. Wichtiger als inhaltliche Entscheidungen ist hier, die Teams zu ausgearbeiteten Vorschlägen zu führen, Zweizeiler mit Forderungen an die Leitung reichen nicht aus! Volle Ideenspeicher sind schön – to-do-lists zu selbst beeinfluss- oder machbaren Themen sind aber schöner!
7 - 8 Refreezing - aber nicht vollständig!
- “Consolidate improvements” – hier kommt der echte Lackmustest: die Ausweitung des Konzepts auf alle Teams (auch auf Minderleister, Demotivierte, erklärte Gegner der Initiative. Hier ist die Verlockung groß, aufzuhören oder halbherzig weiter zu machen. Lieber das nächste Konzept angehen, weil es doch wieder frisch motiviert und neue low hangiung fruits verspricht. Das bedeutet jedoch, die Ernte nicht wirklich einzufahren – und womöglich die Führungskräfte und Mitarbeiter zu frustrieren. Einfach, weil sie die mangelnde Ernsthaftigkeit dieser Kampagnen-Politik erkennen.
- “Institutionalize new approaches” – ein Zurückfallen in die Komfortzone droht hier: “Endlich mal wieder normal arbeiten!” Hier hilft es, anspruchsvolle Ziele vorzugeben oder ungewöhnliche Ideen einzubringen. So entsteht immer höher wertiges Erfahrungswissen. Gleichzeitig kommt es darauf an, endgültig alle Veränderungen an realer Steigerung von Leistng zu messen. Schließlich gilt es, die nächste Generation der Bannerträger zu identifizieren, zu fördern und zu installieren: hohe Treffersicherheit ist hier gefordert!
Die Stufen Unfreezing – Moving – Refreezing gehen auf Kurt Lewin zurück. Kotter’s Konzept hatte durchaus Vorläufer…
Erfahrungen: Teams als Handelnde
In meiner Praxis hat sich die folgende Verteilung der Aufgaben bewährt. Ein Kernteam aus max. fünf cross functional rekrutierten Aktiven, mit mir als Mitglied und einem internen Teamleiter. Auftraggeber-Gremium aus wesentlichen Entscheidern, barrier removal team aus Entscheidern und hochrangigen Spezialisten. A propos Zusammensetzung dieser Teams: eigentlich braucht es da nur überzeugte (Mit-)Macher, und doch kann ein Bedenkenträger nützlich sein. So kommen die möglichen Bedenken eben frühzeitig auf den Tisch!
Change Management: Vision als Ansporn
Nach meiner Erfahrung ist ein Buzzword absolut ausreichend: Scrum, Kaizen, Gruppenarbeit… Natürlich ist mehr gemeint: “Agiles Management und SCRUM in allen Prozessen der Entwicklung”, “Lean in der Produktion”…, aber wer will schon ständig so lange Sätze sagen, wenn er auf das Change Vorhaben Bezug nehmen will. Und regelmäßig standen solche buzzwords für das ganze Vorhaben, waren bald Selbstläufer; Auch stand “das Team” für “das Kernteam des Change Projektes”.
In Meetings die Vision darstellen
All hands meeting: Nach meiner (guten) Erfahrung fand hier stets sehr wohl ein Aufrütteln statt – Unsicherheit, Fragen auf die es nur sehr vage Antworten gibt, Unruhe. Reden in den Gängen, Tuscheln auf dem Heimweg in der Straßenbahn. (So ein Meeting muss ja nicht am Freitag sein…) Hier war jeweils die Leitung gefragt, und sie lieferte: der Change war ihr Ding! Sie installierte auch das Kernteam als Ansprechpartner und Handelnde vor!
Methoden Workshop als Kick Off: Anfangs gab es stets nur Theorie und Konzepte. Das alles war erst noch zu verstehen und dann auf den eigenen Laden hin in ein Vorgehen, Maßnahmen und Zahlen zur Kontrolle des Fortschritts konkret zu machen. Die Entscheider machten hier Vorgaben und setzten Ziele, zogen sich dann aber zurück – um sich regelmäßig berichten zu lassen.
Auf ``Verlierer`` achten!
Eine konkrete Geschichte aus meiner Erfahrung: in der Produktion sollte die Meister Ebene gestrichen werden, aber als es praktisch so weit war, gab es zunächst keine Idee für ein Angebot für die realen Menschen in dieser Funktion. Mein Vorschlag: Übernahme in die passende Technologie Gruppe. Und siehe da, mehr als die Hälfte war sogar froh, die wenig geliebte Verantwortung für die Führung von Mitarbeiter los zu werden.
Low hanging fruits ernten.
Ich habe speziell bei der Einführung der Gruppenarbeit in der Produktion erfahren, dass den kleinen, aber raschen Erfolgen der Pilotgruppe(n) große Bedeutung zukommt. Diese bestanden nicht gleich zu Themen wie Durchlaufzeiten oder Einsparungen von Material – aber eine Verabredung zu Schichtübergaben, verbindlich für Alle, war ein echter Fortschritt! Hier kommt der Fehlerkultur im Sinne von failure culture große Bedeutung zu: die Pilotteams hatten sich gleich mal in allzu großen Themen versucht, auch, um die Grenzen des neuen Vertrauens zu testen.
Verwässerung droht!
Von dem einen Pilotteam geht’s zur Gruppe in der Gegenschicht – unter neuem Namen Nachbarschicht! Von dort ging’s im Fluss der Fertigung weiter – in beide Richtungen. Dem Zusammenbau folgten die Vorfertigung und die Logistik, und bald auch planende Abteilungen, schließlich die Konstruktion. Alle bekamen die gleiche Schulung, gekürzt um nicht nötigen Ballast. Und verkündeten Ansprüche an das Vorhaben, vor allem an Andere – selbst blieben sie gern in der Komfortzone, wollen aber die Früchte gleich mal ernten. Das hieß aber, das das Kernteam weiter zu tun hatte, es musste sich nur selbst praktisch nicht mehr treffen!
Nun waren aber alle Systeme anzupassen: IT, Büroräume, Fertigungsflüsse, Entgelt System – da werden schnell mal große Investitionen fällig! Die Themen der Gruppen wurden eben langsam anspruchsvoll und betrafen immer mehr diese Ebene. Alles wurde angepackt, aber das Entgeltsystem zuletzt – enttäuschend.
Die erzielten Erfolge zu feiern machte indes Alle doch etwas geduldiger.
Zwischenbilanz und Ausblick zum KVP als Change Management Ansatz
Ein ganz wesentlicher Impuls zur Veränderung war KVP = Kontinuierlicher Verbesserungs Prozess. Dieses Konzept war zunächst in der Produktion gestartet. Ich selbst habe später aber die Erfahrung gemacht, dass eine Übertragung auch auf benachbarte Werksbereiche und sogar Vertrieb und Service sehr gut möglich war. Eine einfache Übertragung dieser Philosophien und Werkzeuge auf die Entwicklung führte aber zu sehr unbefriedigenden Ergebnissen!
Unterdessen hat der Bereich R&D (sehr weit gefasst) aber einen eigenen Entwicklungssprung gemacht: Buzzwords sind “agil” und SCRUM. Mitunter wird dieses Konzept als Übertragung von KVP Prinzipien verkauft – das ist historisch aber nicht stimmig und erklärt auch nicht viel. Jedoch beginnen zuletzt die ersten Konzepte aus dem SCRUM Methoden Arsenal ja bereits wieder in die Produktion herüber zu schwappen. Time boxed zum Beispiel…
Ich habe aber akut die Erfahrung gemacht, dass einige KVP Gedanken in der Fertigung längst wieder verloren gegangen sind, vor allem dort, wo sie ohnehin eher Lippenbekenntnis und Maskerade weiter bestehender, alter Strukturen und Kulturen waren. Es besteht die Gefahr, dass hier eine Ungleichzeitigkeit der Veränderung entsteht: “progressive” Entwicklung, “konservative” Produktion! Das passt aber nicht und verstärkt die allzu bekannte Reibung bei eingeschobener Prototypen-Herstellung und erst recht Einleitung neuer Produkte in die Produktion.
Aktuelle kritische Würdigung
Konzepte für die Kontinuierliche Verbesserung der Produktion aus den 90-er Jahren erfahren derzeit eine kritische Würdigung. „Kritisch“ bedeutet nicht Zurückweisung, eher Ernüchterung, man „kann es nur manchmal nicht mehr hören“.
Im folgenden zeige ich konkrete Erfahrungen als Berater, Trainer und Prozessbegleiter in unterschiedlichen ProjektenRichtung Kontinuierliche Verbesserung in der Elektro-, Kfz-Zuliefer- und Maschinenbauindustrie auf.
KVP/Kaizen und Gruppenarbeit waren stets eng verwoben – das eine zog das andere nach sich. Kontext war die Orientierung auf Prozesse der Produktion und benachbarter Bereiche – wohl der größte Umschwung und Erfolg in der Arbeitsorganisation; man kann über Arbeitsabläufe gar nicht mehr reden, ohne das Wort zu gebrauchen.
Orientierung auf die Mitarbeiter
Diese verlangt automatisch große Verantwortung der Mitarbeiter für die Prozessbeherrschung und die Erbringung von Leistung. Tendenziell entwickeln diese auch große Kompetenz zu deren Fortentwicklung, anstelle von Industrial Engineers, Arbeitswirtschaftlern, Führungskräften, oder Organisationsspezialisten. Die werden nicht gleich arbeitslos – sie stellen den Teams ihr zunächst überlegenes Wissen zur Verfügung. Kontinuierliche Verbesserung als Konzept hat hierzu ein Bündel von Instrumenten und Methoden zur Verfügung gestellt, die sich bewährt haben. Basis sind echte Zielvereinbarungen auf Gruppenebene – als Aufgabe der Leitung.
Die Teams arbeiten gleichzeitig an der Gestaltung ihrer internen Beziehungen und lösen eventuelle Konflikte zunächst selbst. In Gruppenbesprechungen, moderiert durch die Gruppensprecher. Sie erhalten auch hierzu Unterstützung durch Teamtrainings und Coaching. Die Verantwortung der Gruppen wird zunehmend erweitert um „Angestellten Funktionen“, wie Beschaffung, Steuerung, Zeiterfassung / Schreibwesen, Warenannahme, Versand. Umso komplexer können die Ziele werden: Standzeiten der Maschinen, Lieferfähigkeit geteilt durch Lagerumfang, Zeit für die Einführung neuer Produkte, etc.
Flache Hierarchien
Hierarchien bleiben oder werden möglichst flach: Gewählte Gruppensprecher repräsentieren die Teams “nach oben”. Gruppenbeauftragte für mehrere Gruppen haben disziplinare Befugnis und berichten an den Produktions- oder Betriebsleiter als Teil der Werksleitung. Deren Führungsaufgaben sind vor allem Strategische Konzeptentwicklung und Schaffen der Rahmenbedingungen. Weiterhin Aufstellen der Mannschaft, Zielvereinbarung, Begleiten/Coaching, Zielkontrolle/Feedback, Entscheiden im Eskalationsfall, Moderation von Konflikten.
Der regelmäßige “Rundgang“ der Leitung ist ein einfaches, praxisbewährtes Instrument der Führung. Reihum präsentieren die Gruppen ihre aktuellen Zahlen, Initiativen, Erfolge und Probleme. Die Leitung gibt sofort Feedback, fällt so weit nötig Entscheidungen und sagt Unterstützung und praktische Hilfe zu.
Making it happen - KVP als Change Management!
Die Aktionen der Gruppen umfassten zunächst nicht die Innovation der Produkte. Die Beherrschung der Innovation als Prozess in ihrem Verantwortungsbereich, die Einführung neuer Produkte in die Serie … Das ist ein wesentlicher Beitrag der Gruppen.
Zentral ist jedoch die permanente Weiterentwicklung der eigenen Prozesse – auf einer höheren Ebene. Zunehmend stehen den Gruppen hierfür auch selbst verwaltete Mittel zur Verfügung, z.B. für den Bau kleiner Vorrichtungen. Die Gruppen bestimmen selbst ihre Themen. Oder solche werden von der Führung an sie heran getragen – im Rahmen der Gespräche zur Zielvereinbarung oder “zwischendurch” nach Aktualität. Strukturierter als bisher wird die Umsetzung der Initiativen und verfolgt und unterstützt.
Aus Leitung und Abteilungsleitern wird ein Unterstützer-Gremium gebildet, das gezielt Barrieren aus dem Weg räumen hilft, Themen vorbereitet und erweiterte Methoden (z.B. aus dem Spektrum von Six Sigma) zur Verfügung stellt. Schließlich bewertet es die Verbesserungen und übersetzt sie transparent in Bonuses. Das Gremium startet auch Initiativen zum best practice sharing und zur Standardisierung erreichter Verbesserungen.